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AutorenbildRobert Sedlaczek

Das ist doch die Höhe! Wie die inoffizielle Hymne Österreichs missverstanden wird ...

Das Lied von Rainhard Fendrich gilt als inoffizielle Hymne Österreichs. In den Fußballstadien wird bei Länderspielen zu Beginn "Land der Berge" gespielt und gesungen, nach dem Schlusspfiff "I Am From Austria". Rainhard Fendrich findet zwar, dass sein Lied für eine inoffizielle Hymne zu kritisch ist ("I kenn die Leit, / i kenn die Ratten, / die Dummheit die / zum Himmel schreit"), aber genau das scheint anzukommen.


"Dei' hohe Zeit / is' lang vorüber / und a die Hö' / hast hinter dir ..." - heißt es am Beginn, "... von Ruhm und Glanz / is' wenich über, / sag ma wer / ziagt no den Huat vua dir, / außer mir?"


Ich tippe bei Google ein: "Reinhard Fendrich I am from Austria Text" - und schon habe ich die Hymne am Schirm. Aber eine Kleinigkeit stimmt nicht. Dort steht: "Die Höh' hast hinter dir." Ich frage mich: Wenn Herr oder Frau Österreicher das Lied anstimmen, denken sie auch an "die Höhe"?


Für mich gab es nie einen Zweifel: Fendrich referiert in extremer Verknappung auf die Geschichte Österreichs. Mit "die hohe Zeit" ist leicht ironisierend die Habsburger-Monarchie gemeint; diese gehört der Vergangenheit an - genauso "die Hölle des Nationalsozialismus". Alles andere ergibt keinen Sinn.


Die Missinterpretation von Hö' sieht wie unbewusste Geschichtsklitterung aus, aber Basis dafür ist eine Eigentümlichkeit unseres Dialekts. Die Wörter "Höhe" und "Hölle" werden zwar mit ö geschrieben, haben aber unterschiedliche Vokalqualitäten.


Dialektologen bringen gern einen Beispielsatz für die charkteristische Aussprache von "Hölle": In der Hölle ist es nicht hell. Das klingt dann so:



Die "Höhe" wäre hingegen ganz anders auszusprechen: die Hee.


Rainhard Fendrich hat das Problem erkannt. Damit es keine Fehlinterpretationen gibt, steht auf seiner Website "auch die Höll' hast hinter dir". Wobei die Aussprache Höll' dialektal inkorrekt wäre; der auslautende Konsonant wird nicht gespochen.


Wie heißt es doch so schön in Nestroys „Der Unbedeutende“: „Das Volk muss physisch beim Gnack gepackt und moralisch mit der Nasen drauf gestoßen werden.“


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Mein Referat "Das Wienerische im Spannungsfeld zwischen Dialektschwund und Dialektrenaissance", gehalten in Wien am 22. November 2023 im Rahmen einer Veranstaltungsreihe der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, kann hier abgerufen werden:




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