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AutorenbildRobert Sedlaczek

Das Wort "Schmutzkübelkampagne" ist ein österreichisches Phänomen

Es klingt unwahrscheinlich, aber es ist so: Schmutzkübelkampagne ist ein Austriazismus, das Kompositum ist eine österreichische Erfindung und es wird nur hier verwendet, nicht in den anderen deutschsprachigen Ländern. Die Internetrecherche kommt zu einem eindeutigen Ergebnis und ein Blick in die Wörterbücher ebenfalls. Im "Österreichischen Wörterbuch" ist der Ausdruck kommentarlos vermerkt, im Rechtschreibduden mit dem Hinweis "österreichisch abwertend für: mit unfairen Mitteln geführte Kampagne".


Das ist ungenau. Gemeint ist das, was im Englischen negative campaigning oder dirty campaigning genannt wird.

 

Hier die Eintragung aus Wikipedia, und zwar wörtlich: "Negative Campaigning (in Österreich „Schmutzkübelkampagnen“ genannt) bezeichnet eine Form von Werbung oder insbesondere politische Öffentichkeitsarbeit, bei der versucht wird, den (politischen) Gegner bzw. Konkurrent in ein schlechteres Licht zu rücken, um damit das eigene Ansehen zu erhöhen. Dabei werden insbesondere private, aber auch öffentliche oder geschäftliche Verfehlungen instrumentalisiert, um die betreffende Person, Partei oder Organisation gezielt zu skandaisieren. Charakterisierend für Negative Campaigning ist vor allem, dass es sich sachlichen Argumenten zu entziehen versucht und stattdessen die persönliche Auseinandersetzung in den Vordergrund stellt. Diese Art des 'schmutzigen' Wahlkampfes ist vor allem in den Vereinigten Staaten verbreitet, während es in Europa verpönt ist und deshalb nur selten angewandt wird."


Oft wurde das Wort in Österreich verwendet, um Angriffe eines politischen Gegners zu desavouieren oder von tatsächlichen Skandalen abzulenken, sie zu entschärfen. Es wurde in der Vergangenheit von der ÖVP im Zuge der Waldheim-Affäre gebraucht, von Heinz-Christian Strache nach den Ibiza-Enthüllungen und immer wieder von Jörg Haider. Auf den aktuellen Anlassfalls für diesen Beitrag möchte ich hier nicht eingehen. Zu überlegen wäre, ob es sich überhaupt um eine Schmutzkübelkampagne handelt, wenn ja, von wem initiiert, oder ob der Ausdruck nicht nur zur Verteidigung einer angegriffenen Politikerin vorgeschoben wird.


Die Wendung über jemanden den Schmutzkübel ausgießen ist in Deutschland einige Male belegt, sogar in Bundestagsreden ist der Ausdruck gefallen, auch das Wort Schmutzkampagne ist in unserem Nachbarland hin uns wieder zu hören oder zu lesen. Beide Ausdrücke sind allerdings äußerst selten in Verwendung. Schmutzkampagne sieht wie eine Lehnübersetzung von dirty campaigning aus. In den USA sagt man auch stark abwertend mudslinging (= Schlamm werfen, schleudern). Die Wortbildung erinnert ein wenig an Schlammschlacht.


Fakt ist: Das ausdrucksstarke und anschauliche Kompositum Schmutzkübelkampagne gehört uns alleine. Ob wir darauf stolz sein können?

2 Kommentare

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2 commentaires


Invité
15 mai

Gruß aus dem Archiv,

Robert Wiesner

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Invité
15 mai

Im österreichischen Nationalrat hat das Wort Karl Blecha als erster verwendet, am 12. Mai 1982, als er ORF-Programme gegen Kritik verteidigte: https://www.parlament.gv.at/dokument/XV/NRSITZ/114/imfname_147083.pdf

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