Es gibt immer mehr Anglizismen, ob es uns gefällt oder nicht. Für viele Entlehnungen aus dem Englischen existieren keine deutschen Entsprechungen - oder fällt Ihnen eine Alternative zu Smartphone ein? Ich persönlich verwende Anglizismen nur dann, wenn sie unvermeidlich sind. Wenn ein deutscher Ausdruck vorhanden ist, erscheint er mir verständlicher und ausdrucksstärker: Statt Attachment verwende ich lieber Anhang, statt canceln lieber absagen oder streichen.
Da die Schreibung der entlehnten Wörter und Zusammensetzungen bisher ungeregelt war, hat sich der Rechtschreiberat des Themas angenommen und Schreibungen festgelegt. Als Basis diente eine Sprachbeobachtung: Wie werden diese Wörter üblicherweise geschrieben? Außerdem ging es darum, an bestehende Schreibungen bei Entlehnungen aus anderen Sprachen anzuknüpfen.
Was daraus entstanden ist, mag aufs Erste kompliziert aussehen. Ich habe aber den Eindruck, dass wir in vielen Fällen ohnehin intuitiv „richtig“ schreiben werden.
Gehen wir gleich ins Detail, es geht um die Frage: getrennt oder zusammen?
Wird ein Substantiv mit dem Ausdruck einer anderen Wortart verknüpft, so gelten zwei Prinzipien, die zu einer Zusammenschreibung führen:
(a) wenn der Hauptakzent auf dem ersten Bestandteil des Kompositums liegt
(b) wenn die Wortkombination schon seit langem gebräuchlich ist.
Wir schreiben also Swimmingpool, Chatgroup und Touchpad.
In einigen wenigen Fällen kann auf verschiedene Weise betont werden; dann sind zwei Schreibungen möglich: Happyend und Happy End.
Zu einer Getrenntschreibung kommt es immer dann, wenn es mehrere Hauptakzente gibt: Corporate Identity, Electronic Banking, High Society, Human Resources, Social Media.
Wird ein Substantiv mit einem Substantiv verbunden, so ist die Bindestrichschreibung aus Gründen der Verständlichkeit zu empfehlen: Man kann zwar Midlifecrisis oder Desktoppublishing schreiben, aber Midlife-Crisis und Desktop-Publishing sieht doch gleich viel besser aus.
Beide Varianten sind auch dann möglich, wenn ein Substantiv mit einem Adverb verbunden wird und eine Schreibung mit Bindestrich zu einer besseren Lesbarkeit führt: Check-in, Make-up (die Zusammenschreibung Makeup würde dazu anregen, das e und das u als Einheit, als eu wahrzunehmen).
Ist es unstrittig, dass ein Wort bereits gut eingeführt ist, wird ausschließlich zusammengeschrieben: Layout, Countdown. In Zweifelsfällen ist beides möglich: Stand-by oder Standby, Back-up oder Backup.
Bei adverbialen Fügungen gilt die Kleinschreibung: last minute, just in time. Wir schreiben ja auch coram publico und de facto.
Sind adverbiale Fügungen Teil einer substantivischen Zusammensetzung, ist beides möglich: Last-minute-Angebot oder Last-Minute-Angebot, hier ist die Analogie A-cappella-Chor oder A-Cappella-Chor. Mir erscheint allerdings Last-Minute-Angebot problematisch, weil die Schreibung Minute an das Schriftbild des deutschen Wortes erinnert, was mit der geforderten englischen Aussprache kollidiert.
Englische Nennformen, die mit „und“ beziehungsweise mit „oder“ verbunden werden und gleichrangig sind, würde ich immer so schreiben: Park and Ride, Copy and Paste, Do or Die.
Zu meiner großen Überraschung sind aber manchmal insgesamt drei Varianten zulässig: Man schreibt Park and Ride oder Park-and-Ride oder Park-and-ride.
Das hat den Vorteil, dass man keinen Fehler machen kann.
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Quelle dieses Beitrags ist ein Webinar von Christiane M. Pabst, Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuchs und Mitglied des Rechtschreibrates, abrufbar auf oebv.at, der Webseite des Österreichischen Bundesverlags.
Danke für die äußerst hilfreiche Zusammenfassung des aktuellen Standes!
Bin ganz deiner Meinung, was das Last-Minute-Angebot betrifft; ebenso beim Bindestrich für lange englische Textwürste! Geht ja vorrangig darum, dass man (z.B. beim Drüberlesen – aka Durchscrollen 😉) die Begriffe rasch erfassen kann und nicht zu oft an „Binärem“ hängenbleibt ...
LG Su