Alles muss politisch korrekt sein. Die Sprache natürlich, wobei ich den neuen sprachlichen Benimm-dich-Regeln schon etwas abgewinnen kann. Nur die Auswüchse, wonach auch alte literarische Text zu säubern sind und manche Bühnenwerke nicht mehr aufgeführt werden dürfen, gehen mir auf die Nerven.
Auch die neuen Regularien des Essens, dass alles fleischlos, biologisch und umweltschonend sein muss, gefallen mir – vom Ansatz her. Ich esse wenig Fleisch, kaufe regionale Produkte, versuche mich vernünftig und zeitgemäß zu ernähren, bleibe aber Flexitarier.
Und jetzt ist die Political Correctness auf die Gärten übergesprungen. In der Schweiz darf Kirschlorbeer nicht mehr ausgepflanzt werden, in Deutschland und in Österreich wird die immergrüne, schnell wachsende und robuste Pflanze medial heruntergemacht - Zeit für eine Gegeninformation, wobei ich meine persönliche Betroffenheit nicht verschweigen möchte. In meinem Garten gibt es eine ausgedehnte Hecke aus Kirschlorbeer - übrigens: die Bezeichnung ist irreführend, es ist weder eine Kirsche noch ein Lorbeer.
Als Argument gegen den Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) wird ins Treffen geführt, dass er bei uns nicht heimisch ist, er stammt aus dem Kaukasus, dem Norden Irans und aus Anatolien, dass er ferner sich ungeniert ausbreitet und keinen nennenswerten Nutzen für die Tierwelt hat.
Das stimmt übrigens nicht ganz. Für Vögel ist der Kirschloorbeer ein idealer Nistplatz. In Deutschland ist daher ein radikaler Rückschritt von März bis September sogar per Gesetz verboten.
Als Sichtschutz wird statt Kirschlorbeer die Hainbuche empfohlen, ein merkwürdiger Ansatz. Sie verliert im Herbst die Blätter und ist als ganzjähriger Sichtschutz ungeeignet. Oder als weitere Alternative die Thuje, sie wächst zwar schnell, ist aber anfällig für Pilzerkrankungen.
Auf dem noch ungechriebenen Index steht auch die Buddleja davidii, sie wird im Volksmund Schmetterlingsflieder genannt, weil sie mit ihren Blüten Schmetterlinge anlockt, ist aber kein Flieder. Es heißt, dass die Buddleja ebenfalls evasiv sei, und, horribile dictu, dass sie für Schmetterlinge eine Suchtgefahr darstelle, wie Alkohol oder Nikotin für den Menschen.
Einige Neophyten sind unverzichtbare Lebensmittel geworden, zum Beispiel Kartoffel, Kürbis, Mais und Tomate, andere wachsen als beliebte Zierpflanzen in unseren Gärten, zum Beispiel Hortensie, Krokus und Tulpe. Sie alle wurden bewusst ins Land geholt und sind nicht evasiv. Andere können jedoch beträchtliche Schäden anrichten, heimische Pflanzen verdrängen. Konsequent weitergedacht müsste man auch die gemeine Form des Flieders verbieten, auch sie ist bei uns ein Neophyt, und an Bahndämmen und am Rande von Straßen breitet sich der Flieder wild wuchernd aus.
Das Allerschlimmste ist der aus Amerika stammenden Ragweed (Ambrosia artemisiifolia), eine kaum einzudämmende Pflanze, die noch dazu den Allergikern schwer zu schaffen macht. Sie sollte, so finde ich, aus unseren Wiesen und Wäldern rasch verschwinden.
Gebietsfremde Pflanzen können ökologische und wirtschaftliche Schäden anrichten, ja sogar unsere Gesundheit gefährden. Aber auch bei der Political Correctness im Garten darf man nicht alles über einen Kamm scheren. Dem Kirschlorbeer werde ich die Treue halten.
Botanisch oder ökologisch gegen den Kirschlorbeer zu argumentieren führt zu nichts.
Überzeugender scheint mir ein anderes Argument: Der Kirschlorbeer ist fantasielos, genauso fantasielos wie die Thuje(nhecke). Das sind die beiden schnellsten (und billigsten) Verfahren, mit wenig Aufwand viel Biomasse zu produzieren. Wobei "Sichtschutz" auch so ein hinterfragenswertes Austriacum ist.
Der Kirschlorbeer und die Thuje sind die botanischen Gegenstücke zur Waschbetonplatte.
E.W.