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AutorenbildRobert Sedlaczek

Warum wir manchmal "einen Affen sitzen haben", etwas "affengeil" finden und "ein Affentheater aufführen"

Neulich während einer Autofahrt. Ich überhole ein Moped, der Bursche am Soziussitz lässt seine Füße hinunterbaumeln, streift mit ihnen beinahe den Asphalt, hält sich am Vordermann kaum fest. "Das ist nicht ungefährlich", sagt meine Beifahrerin. Sie weiß, wovon sie spricht, genießt Fahrten auf einem einspurigen Fahrzeug, in korrekter Haltung natürlich.


Der sitzt wie ein Affe auf dem Schleifstein, lautet mein Kommentar zur unbeholfenen Pose des Burschen, eine Wendung, deren Herkunft so erklärt wird: Früher hatten die Scherenschleifer einen kleinen Affen bei sich, als werbewirksame Attraktion. Es ist davon auszugehen, dass das Äffchen recht linkisch auf der Gerätschaft des Scherenschleifers herumturnte.


Wie sieht es mit den anderen Wendungen rund um das Wort Affe aus? Ich blättere im "Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten" von Lutz Röhrich. Ein Affentheater aufführen und das ist ein wahrer Affentanz hat vermutlich eine ähnliche Herkunft wie der Affe auf dem Schleifstein. Auch die Leierkastenmänner sollen Affen mitgeführt haben, um Leute anzulocken.


Einen Affen sitzen haben bedeutet betrunken sein. Die Herleitung ist unsicher. Man hat versucht, die Redensart auf die angebliche Trunkenheit der Affen zurückzuführen. Auch eine scherzhafte Verwechslung von tschechisch opit se (= sich betrinken) und opice (= Affe) wird für möglich gehalten. Lutz Röhrich listet noch einige weitere Erklärungsversuche auf, ohne sich festzulegen.


Ich glaube, mich laust der Affe ist ein Ausdruck hochgradigen Erstaunens, oft angesichts einer unangenehmen Überraschung. Die Vorstellung, dass ich Läuse habe und ein Affe diese aus meinen Haaren entfernt, lässt mir einen Schauder über den Rücken laufen.


Seinem Affen Zucker geben spielt wohl darauf an, dass Affen im Tiergarten besonders lebendig sind, wenn man ihnen Zucker gibt. Gemeint ist also: ausgelassen sein, lustig sein, sich in Komik überbieten, seinen Neigungen nachgehen.


Die Wendung zu jemandem eine Affenliebe haben (hegen) stützt sich auf das innige Beisammensein der Affenmutter mit ihren Jungen. Gemeint ist eine blinde, übertriebene Liebe, besonders der Eltern zu ihren Kindern.


Mit einer affenartigen Geschwindigkeit unterwegs sein oder einen Affenzahn drauf haben spielt auf das flinke Gehopse der Äffchen an, das Wort Affenhitze könnte auf die hohen Temperaturen im Affenhaus zurückgehen –, oder es handelt sich um eine simple Verstärkung wie bei Affenschande oder bei affengeil (= sehr gut, ausgezeichnet), ein Modewort der Jugendsprache, schreibt Röhrich, es geht auf mhd. geil (= froh) zurück und hat jeden Bezug zur Sexualität verloren.


Habe ich etwas vergessen? Das Inventar an Wendungen rund um den Affen scheint unerschöpflich zu sein.

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