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AutorenbildRobert Sedlaczek

Wer weiß noch, was ein "Brieskicker" ist?

Manche populäre Irrtümer zu Wörtern des Wienerischen sind extrem hartnäckig. So liest man immer wieder - zuletzt in der September-Ausgabe der Monatszeitung "Das Feuilleton" -, dass der alte und schon fast ausgestorbene Fußballausdruck Brieskicker etwas mit dem Hirn des Rindes zu tun hat. Das ist ein mehrfacher Irrtum.


Erstens ist Bries nicht das Hirn des Rindes, sondern der Thymus des Kalbes, ein lymphatisches Organ, das der Immunabwehr dient und sich bei ausgewachsenen Tieren zurückbildet.


Zweitens hat der Ausdruck mit diesem Organ, das auch in der urtümlichen Wiener Wirtshausküche eine Rolle spielt, nichts zu tun. Offensichtlich ist es verführerisch, den Begriff mit "Hirn" in Verbindung zu bringen, und daraus einen "Spieler mit Hirn" abzuleiten.


Als Brieskicker bezeichnet man einen Fußballer, der "das Spiel lesen kann", der also über ein exzellentes peripheres Sehen verfügt, gut im Stellungsspiel ist und sich auch als Ballverteiler Sporen verdient.


Eine etymologische Fährte führt zu einem wienerischen Ausdruck, der meist in der Negation verwendet wird: keinen Bries von etwas haben: von einer Sache nichts verstehen, völlig ahnungslos sein.


Das Herkunftswort ist wohl französisch compris, eine Form von comprendre (= begreifen, erfassen, Verständnis haben, nachvollziehen). Als das Französische modern war, sagte man als Frage compris? (hast du mich verstanden?) oder als Antwort compris! (ja, ich hab verstanden!).


Offensichtlich haben wir es hier mit einem Einfluss des Französischen auf die Wiener Fußballersprache zu tun. Universitätsprofessor Stefan Michael Newerkla hat mich darauf hingewiesen, dass der Fußballsport zwar in England erfunden wurde, aber hauptsächlich über Genfer Privatschulen und über Belgien zu uns kam. So ist beispielsweise aus französisch boule (= Ball, Kugel) der wienerische Ausdruck Wuhle, oft auch Wule entstanden.


Wie compris zu Bries wurde, ist schnell erklärt. Der unbetonte erste Wortteil wurde verschluckt, im zweiten Wortteil wurde lautgesetzlich p zu b. Und dass man das s ausspricht, deutet auf ein fehlendes Verständnis für das Französische hin.


Somit wäre eigentlich die Schreibung Priskicker sinnvoll, damit nicht Anklänge an "gebratenes Kalbsbries" oder "Hirn mit Ei" entstehen. Aber oft gilt im Dialekt der Grundsatz: Schreibe, wie du sprichst: Daher ist Brieskicker eine häufig anzutreffende Schriftform.


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