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AutorenbildRobert Sedlaczek

Der Schmäh vom Wiener Schmäh

Aktualisiert: 18. Juli 2023

Gibt es ihn überhaupt, den Wiener Schmäh? Der Wiener ist angeblich lustig, unterhaltsam, schlagfertig, lebensfroh, er hat positive Eigenschaften, die den anderen Erdenmenschen angeblich längst abhanden gekommen sind.

Aber darum geht es jetzt nicht. Ich will mich hier mit der Frage auseinandersetzen, woher das Wort Schmäh kommt. Typisch wienerisch wird es wohl sein, das lässt sich nicht bestreiten. Der Wiener kann einen Schmäh haben, der Münchner eher nicht, der Hamburger oder Leipziger schon gar nicht - meinen die Wiener.


Abgleitet wird das Wort oft aus dem Jiddischen. So hat beispielsweise Peter Wehle geglaubt, dass es auf hebr. šĕmûạ̈ (= Gerücht, Gehörtes) zurückgeht. Dabei handelt es sich aber um das Herkunftswort für das lautlich weit entfernte Wort Schmus (= wortreiches Getue; schöne schmeichelnde Worte; Gerede, Geschwätz): "Das ist doch alles Schmus!" Oder: "So ein Schmus!"


Schon wieder eine Sprachwarnung des Duden


Auf duden.de werden wir davor gewarnt, das Wort Schmus zu verwenden: Dieses Substantiv könne "mit antisemitischen Vorstellungen verbunden sein", es könne "als diskriminierend empfunden werden und sollte deshalb besonders im öffentlichen Sprachgebrauch vermieden werden." Die Sprachwächter werden immer strenger. Ich werde meine jüdischen Freunde fragen, ob sie das auch so sehen.


Aus hebr. šĕmûạ̈ (= Gerücht, Gehörtes) ist übrigens im Jiddischen ein zweifelsfrei positiver Ausdruck entstanden: Schmues (= Gespräch, Unterhaltung, Plauderei). Die Bedeutungsentwicklungen der Wörter sind manchmal recht verschlungen.


Schmäh kommt von schmähen - es ist leider so


Der Schmäh geht auf mhd. smæhe (= Schmähung, Beschimpfung; geringschätzige, verächtliche Behandlung, Schmach) zurück, gehört also zu schmähen. So sahen es die Brüder Grimm in ihrem "Deutschen Wörterbuch" und so sieht es jedes andere seriöse Nachschlagwerk. Dass ein Hauch des jiddischen Schmues mitschwingt, wäre eine Möglichkeit. So gesehen liegt Wehle vielleicht nicht völlig falsch.


Damit wäre auch erklärbar, warum die Bedeutung so stark oszilliert.


Schmäh kann sein:

o ein fauler oder billiger Trick (wen midn Schmäh nehmen); eine Schwindelei, eine Lüge oder eine Unwahrheit, eine billige Übertölpelung (wem an Schmäh derzählen; das ist ein aufg'legter Schmäh)


o ein Witz, ein Gag, eine Pointe, eine unterhaltsame Redeweise: (an) Schmäh führen; da rennt da Schmäh.


Schmähbẹrger nennt man einen Mann, der für seine eher billigen Witze bekannt ist oder unwahre Geschichten erzählt; Schmähführer ist eine Stimmungskanone, einer, der immer das große Wort führt. Mit Schmähs kann man im übertragenen Sinn sogar einen Handel betreiben, dann ist man ein Schmähtandler, ich halte das für einen nicht böse gemeinten, eher liebevollen Vorwurf.

In Wien sagt man schmähhalber und meint damit "nur zum Spaß", mit der Frage schmähohne? zweifeln wir an dem Gesagten: "wirklich?" Eine Schmähparade ist im Fußball eine spektakuläre, aber nicht notwendige Parade eines Tormanns, um Beifall von den Rängen zu erheischen; wer nichts mehr zu sagen hat und mit seiner Weisheit am Ende ist, der ist schmähstad. Hab ich etwas vergessen?


Wer verkörpert den Wiener Schmäh? Peter Alexander oder Helmut Qualtinger?


Wolfgang Teuschl, der leider früh verstorbene Autor von "Da Jesus und seine Haberer" und Textlieferant für zahlreiche berühmte Kabarettisten, definierte Schmäh als "die speziell wienerische Art des Sprechens und Handelns, die niemals ganz ernst sein will und nichts auf direktem Weg anstrebt". Das ist die liebenswürdigste Interpretation, die ich jemals gelesen habe.


Ich finde, der Wiener Schmäh enthält beides: den Charme eines Peter Alexander und die Bösartigkeit eines Helmut Qualtinger.


2 Kommentare

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2 Comments


sabine.titulski
Jul 08, 2023

Wir Sachsen haben natürlich auch Schmäh - er ist direkter und offener!

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Guest
Jul 05, 2023

Peter Alexander hatte doch überhaupt keinen Charme

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