Aliens kommen auf die Erde - so werden wir sie aus Österreich vertreiben
- Robert Sedlaczek
- vor 2 Tagen
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Ein netter Witz kursiert derzeit im Internet - in der modernen Ausdrucksweise sagt man: Er geht viral.
Aliens kommen auf die Erde. USA: Das gibt Krieg, wir werden euch vernichten! Deutschland: Papiere und Landeerlaubnis, bitte! Österreich: Sag amoi Oachkatzschwoaf!
Das ist ein klassischer Dialektwitz. Er erinnert mich an die Bibelstelle vom Schibboleth. Das hebräische Wort bedeutet wörtlich "Strömung", "Flut", wird aber heute in der Bedeutung von "Kennwort" oder "Codewort" verwendet. Im jüdischen Tanach heißt es im Buch der Richter:
Gilead schnitt Efraim die Jordanfurten ab. Und wenn die Flüchtlinge aus Efraim sagten: Ich will hinüber!, fragten ihn die Männer aus Gilead: Bist du ein Efraimiter? Wenn er Nein sagte, forderten sie ihn auf: Sag doch einmal Schibbolet! Sagte er dann Sibbolet, weil er es nicht richtig aussprechen konnte, ergriffen sie ihn und machten ihn dort an den Furten des Jordan nieder. So fielen damals zweiundvierzigtausend Mann aus Efraim.
Im obigen Witz meinen also die Österreicher, mit dem Schibboleth und Zungenbrecher Oachkatzschwoaf, also mit dem Schweif eines Eichkätzchens, die Aliens vertreiben zu können. Das ist eine wunderbare Idee.
In vielen Dialektwitzen kommt das Selbstbewusstsein der Dialektsprecher zum Vorschein. In meinem Buch Sprachwitze. Die Formen. Die Techniken. Die jüdischen Wurzeln - mit mehr als 500 Beispielen, finden sich weitere Prachtstücke dieses Genres.
Am achten Tag erschuf Gott die Dialekte. Der Vorarlberger ist hoch zufrieden: "Koiner kaa so schwätze wie miar im Ländle!" Der Wiener brüstet sich: "Heast, Weanerisch is klass!" Nur der Tiroler steht traurig vor Gottes Thron. Für ihn ist kein Dialekt mehr übrig. Da hat Gott Mitleid und sagt: "Sei nit traurig. Redscht oanfoch so wia r i!"
Treffender könnte man nicht das Faktum illustrieren, dass viele ihren eigenen Dialekt besonders lieben. Der Witz existiert daher in mehreren Bundesländervarianten, Man kann ihn auch gleich insgesamt im Dialekt erzählen …
Wia noch da Easchoffung von da Wöd am ochtn Dog de Dialekte vadäut wuan san, is fian Weana kana iwrigblibm, und do woa da Weana draurich. Do hod da liawe Heagod gsogt: "Heast, Oida, moch da ned ins Hemd! Dann redst hoid so wia r i!"
Bei vielen Dialektwitzen geht es um Missverständnisse verschiedenster Art. Manche Witze thematisieren mit ein wenig Häme das Problem, dass deutsche Touristen mit österreichischen Dialektsprechern nicht zurechtkommen.
Ein Tourist aus Berlin macht mit einem Einheimischen eine Bergtour. "Jibts hier Jemsen?" – "Wos host gsogt?" - "Jibts Jemsen hier?" - "I vasteh di ned." - "Mann! Ich will wissen, obs hier Jemsen jibt!" - "Glaw i nit. Oba wanns wöchane gibt, hobtsas ihr eigschleppt."
Witze dieser Art zeigen, welches Bild die Österreicher von sich selbst haben. Wir sind witzig und schlagfertig - deutsche Touristen führen wir an der Nase herum. Die Sozialwissenschaft bezeichnet dies als Autostereotype.
Dialog zwischen einem deutschen Touristen und einem Einheimischen. "Wie heißt denn der Berg dort drüben?" - "Wöchana?" - "Aha, vielen Dank!“
Ein Schweizer, ein Vorarlberger und ein Norddeutscher sitzen zusammen im Zug. Da fragt der Schweizer den Norddeutschen: "Sind Sie scho mal in Züri gsi?" Der Norddeutsche versteht nicht. Da fragt der Schweizer noch einmal: "Sind Sie scho mal in Züri gsi?" Der Norddeutsche versteht noch immer nicht. Da versucht ihm der Vorarlberger auf die Sprünge zu helfen: "Er moint gwä!"
Ich weiß, man soll Witze nicht erklären. Wer ihn verstanden hat, kann den nächsten Absatz überspringen.
In Vorarlberg wird "gsi" statt "gewesen" verwendet. Von daher stammt auch der scherzhafte Ausdruck "Gsiberger" für Vorarlberger. Die Erklärung "Er moint gwä!" soll dem Norddeutschen auf die Sprünge helfen, doch dabei verballhornt er das für ihn im Dialekt ungewohnte Wort "gewesen" bis zur Unkenntlichkeit.
Von dem abschließenden Witz, den Sie sicher schon kennen, möchte ich zunächst die Urfassung bringen. Es handelt sich um einen Moritzl-Witz, den Heinrich Eisenbach um 1900 erzählt hat und der auch in dem Buch über jüdische Witze von Salcia Landmann zu finden ist.
Der kleine Moritz geht mit seinem Vater im Wald spazieren und fragt: "Vater, was sind das für Beeren?" - "Das sind Blaubeeren." Darauf Moritzl: "Die sind doch rot." Sagt der Vater: "Du dummer Kerl, weil sie noch grün sind."
Daraus wurde später ein schöner Dialektwitz mit nicht drei, sondern vier Farben: Blau, Schwarz, Rot und Grün.
Ein Förster begleitet einen Urlauber aus Hamburg bei einer Bergwanderung. "Sagen Sie mal, Herr Förster, wie sagen Sie denn zu den Blaubeeren da?" - "Schwarzbeeren." - "Die sind aber doch rot!" - "Ja, weil s' noch grün san."
In diesem Fall sorgt nicht die Aussprache, sondern die Lexik, also der Wortschatz für Verwirrung. Jene Pflanze, die gesamtdeutsch als Heidelbeere (Vaccinium) bezeichnet wird, heißt in Osttirol und Südtirol, in Kärnten und in der Steiermark "Schwarzbeere", im Westen Österreichs, vor allem in Vorarlberg, "Blaubeere". Unreife Beeren sind rot, und grün steht hier für unreif.
Kommt der kleine Maxi von der Volksschule heim und beklagt sich: »Der Religionslehrer hat mir eine geschmiert, weil ich gesagt hab, der Herrgott ist ein Seicherl.« – Drauf schmiert ihm die Mutter gleich noch eine und schimpft: »Der Herrgott ist doch kein Seicherl, der ist unser Schöpfer!« – Sagt der Maxi trotzig: »Ich habs ja gewusst, dass er bei uns in der Kuchl hängt!«
(Seicherl, bair.-österr.: Feigling, Schwächling; aber auch: kleines Küchensieb)
Dialog zwischen einem deutschen Touristen und einem Einheimischen. "Wie heißt denn der Berg dort drüben?" - "Wöchana?" - "Aha, vielen Dank!“
Das lässt sich verbessern: "Sajen se mal, juter Mann, wie heißt denn jener Jipfel dort drüben?" [ ... ] Dangesehr!