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Der Zoll, die Maut, das Trinkgeld

Aktualisiert: vor 4 Tagen

"The word tariff is the most beautiful word in the dictionary", sagte Donald Trump mehrmals im Wahlkampf. Jetzt "hält er Wort" - zum Leidwesen der Europäer und der gesamten Welt.

 

Mein Bruder im Geiste, der an der Sprache interessierte Kolumnist Erich Kocina, hat in der Montag-Ausgabe der "Presse" das englische Wort tariff und das deutsche Wort Zoll in seiner Kolumne "Sprachspalter" perfekt zerlegt, es lohnt sich den Beitrag hier nachzulesen.

 

Ich möchte in Ergänzung zu Kocina zwei Wörter nebeneinander betrachten, die im Deutschen eine Zeitlang inhaltlich mehr oder weniger ident waren, sich aber in der Bedeutung klar differenziert haben: Zoll und Maut.

 

Zoll ist entlehnt aus mittellateinisch toloneum zu griechisch telos "Ziel, Ende", dann auch "endgültige Zahlung". Die Bedeutung war zunächst nur "Zollhaus", dann auch die dort zu entrichtende Abgabe.

 

Maut ist ein Kennwort des österreich-bairischen Raumes. Das Wort ist im sechsten oder siebenten Jahrhundert aus gotisch mota "Zoll" entlehnt worden und hat ursprünglich "Abgabe für Durchfahrt oder Hilfe" bedeutet. Es trat im Althochdeutschen als muta auf und ist im neunten Jahrhundert in einer bayerischen Urkunde erstmals erwähnt. In der Folge haben sich die Bedeutungen der Wörter umgekehrt.

 

o Früher war Zoll die Benützungsgebühr für bestimmter Straßen, Brücken oder Tunnel, wie englisch toll.

o Heute ist Zoll eine Abgabe für Waren im Grenzverkehr.

 

o Früher war Maut eine Abgabe für Waren im Grenzverkehr.

o Heute ist Maut die Benützungsgebühr für bestimmte Straßen, Brücken oder Tunnel.


Die geänderten Verwendungen sind frappierend, wobei das Wort Maut, ursprünglich nur süddeutsch war, inzwischen allerdings gegen Norden gewandert ist. Als 2003 die deutsche Bundesregierung beschloss, eine Straßenbenützungsgebühr für LKW einzuführen, musste eine Bezeichnung gefunden werden. In Frage kam LKW-Maut, was für norddeutsche Ohren fremd klang, oder Toll, ein Teil des Namens der Betreiberfirma "Toll collect".


Ein deutscher Fernsehmoderator beklagte sich damals, dass bereits seit Monaten über die Einführung der Gebühr diskutiert werde, doch gebe es noch immer "kein deutsches Wort" dafür; nur Toll, doch das sei englisch, und Maut, doch das sei „österreichisch“ - eine eigenartige Sichtweise.


"Der Kluge", das wichtigste etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache, geht davon aus, dass das gotische muta Ausgangspunkt für altnordisch muta "Bestechungsgeld", altkirchenslawisch myto  Lohn, Geschenk" und slowenisch mito "Bestechungsgeld" war.


Im Wienerischen bedeutet Maut so viel wie "Trinkgeld (vor allem im Gasthaus), in der Gaunersprache so viel wie "Geld der Sexarbeiterin, das der Zuhälter einbehält".


Die gotischen Überbleibsel sind rar und vom Aussterben bedroht


Das Gotische, eine Form des Ostgermanischen, ist dank der im vierten Jahrhundert verfassten gotischen Bibelübersetzung, der Wulfilabibel, erhalten – es handelt sich um die älteste literarisch überlieferte Schriftform einer germanischen Sprache und sie hat deshalb unter Germanisten Kultcharakter.


Nach dem Ende der gotischen Reiche (das Ostgotenreich in Italien existierte von 493 bis 555, das Westgotenreich in Gallien und Spanien von 418 bis 711) ging auch die gotische Sprache weitgehend verloren. Nur auf der Halbinsel Krim, bei dem dort zurückgebliebenen Teil der Ostgoten, den späteren Krimgoten, konnte sich das Krimgotische von der Einwanderung Mitte des dritten Jahrhunderts nach Christus bis in das achtzehnte Jahrhundert halten, bevor es endgültig von der tatarischen Sprache verdrängt wurde.


Wörter mit gotischer/ostgermanischer Herkunft im Bairisch-Österreichischen sind Pfaid "Hemd", Ergetag "Dienstag", Pfinztag "Donnerstag", Dult „Jahrmarkt, Volksfest“ und Obse "Vorhalle der Kirche" – dialektale Ausdrücke, die vom Aussterben bedroht sind.

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Quellen: Kluge, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen und Wikipedia. Ich danke Mag. Andreas Gellan von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften für wertvolle Hinweise.

 
 
 

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Roberto namo þein

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