Gábor Paál vom SWR erklärt "wie man elegant gendert, ohne dass es auffällt"
- Robert Sedlaczek

- vor 4 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Es geht auch ohne Sternchen, Doppelpunkte, Schräg- und Unterstriche, meint Gábor Paál, Leiter der Abteilung Wissenschaft und Bildung im SWR. Auch aufwendige Doppelformen wie Schülerinnen und Schüler könne man vermeiden, denn die deutsche Sprache würde viele Möglichkeiten bieten, alle Geschlechter anzusprechen. Auf der Webseite des Senders "Südwestdeutschter Rundfunk" verbreitet er "Sieben Tricks zum schönen Gendern".
Die Vorschläge von Gábor Paál haben auch innerbetriebliche Wirkung. Die Mitarbeiter der Abteilung Wissenschaft und Bildung des Senders werden bemüht sein, die Empfehlungen ihres Chefs einzuhalten. Außerdem könnten andere öffentlich-rechtliche Rundfunkstationen verleitet sein, sie zu übernehmen.
Aber sind sie sinnvoll? Ich habe sie auf den Prüfstand gestellt und im Hinblick auf ihre Brauchbarkeit mit Noten bewertet.
1. Verben statt Substantive
Statt: Alle Teilnehmer bekommen ... Alternative: Alle, die teilnehmen, bekommen ...
Das ist aus sprachlicher Sicht vertretbar, aus stilistischer Sicht problematisch. Unnötige Relativsätze gelten als unschön. Note 3
2. Geschlechtsneutrale Begriffe
2 a) Im Plural: Pflegekräfte, Fachleute, Gäste, Testpersonen
Sprachlich und stilistisch vertretbar. Note 1
2 b) Institution statt Person:: Behördenleitungen, Assistenzen
Sprachlich und stilistisch vertretbar. Note 1
2 c) Partizipien: Studierende, Geflüchtete
Ein Studierender ist jemand, der im Moment gerade studiert. Ein Geflüchteter ist semantisch nicht dasselbe wie ein Flüchtling. Note 5
2 d) s-Plural: Nazis, Promis, Fans
Das Wort Nazi wird üblicherweise nicht gegendert, d. h. dort werden Frauen nicht sichtbar gemacht. Zu Fans: Bei Entlehnungen aus dem Englischen wird die englische Pluralblldung mit -s verwendet. Dagegen ist nichts zu sagen. Wenn es brauchbare deutsche Ausdrücke gibt, soltten diese allerdings bevorzugt werden. Note 3
3. Mit exemplarischen Personen arbeiten und abwechseln
Die Regelung trifft die Bankangestellte (feminin) ebenso wie den Krankenpfleger (maskuilin).
Wie lange ein Patient (maskulin) die Antibiotika nehmen muss, entscheidet im Zweifel die Ärztin (feminin).
Das verwirrt. Nach den Regeln der deutschen Sprache muss man glauben, dass die erwähnte Bankangestellte eine Frau ist und der erwähnte Patient ein Mann. Wenn man solche Sätze aufmerksam liest, greift man sich an den Kopf. Note 5
4. Das exemplarische "Ich", "Du", "Wir", "Ihr", "Sie"
4 a) Für mich als Patientin bedeutet das neue Gesetz, …
Für mich unverständlich.
4 b) Versuche haben gezeigt: Wenn wir Farben wahrnehmen, sehen Sie sie anders als ich.
Für mich unverständlich.
4 c) Statt: Alle Mitarbeiter bleiben bitte zu Hause! Alternative: Bitte bleibt zu Hause!
Ich halte 4 c) für eine gute Lösung. Sie bietet sich auch für Formulartexte einer Behörde an. Statt "Die Antragstellerin/der Antragsteller hat drei Wochen Zeit ..." Alternative: "Sie habe drei Wochen Zeit ..." Note 1
5. Sätze umstellen
Statt: "Nutzer der App können …" Alternative: "Die App ermöglicht es …"
Das sind zwei paar Schuhe. Es macht einen Unterschied, ob "der Nutzer" oder "die App" das Subjekt des Satzes sind. Die Alternative wird in machen Fällen stilistisch vertretbar sein, in manchen nicht. Note 2
6. Manchmal reichen Zahlen ohne Substantive
Zur Demonstration kamen Zehntausende.
In der Klasse haben heute fünf gefehlt.
Eine gute Idee. Note 1
7. Wortzusammensetzungen ändern
7 a) Statt: Rednerliste Alternative: Redeliste
Redeliste ist eine vertretbare Neuschöpfung nach dem Muster Redefluss, Rededuell etc., sie steht noch in keinem Wörterbuch. Ob sie sich durchsetzt? Note 1
7 b) Statt: Mannschaft Alternative: Team
Dass aus Gender-Gründen deutsche Wörter wie Mannschaft durch englische wie Team ersetzt werden sollen, halte ich für problematisch. Note 4
Fazit: Nur wenige Vorschläge sind wirklich "elegant". Einige stehen im Widerspruch zu Regeln der deutschen Sprache oder treten die Stilistik mit den Füßen.
Doppelformen mögen zwar aufwendig sein, sind aber manchmal sinnvoll: "Die Auswahl der Nobelpreisträger und Nobelpreisträgerinnen brachte einige Überraschungen." Damit werden Frauen sichtbar gemacht, und das ist ja das Ziel. Durch die Verwendungen von Ausdrücken wie "Team" bleiben Frauen unsichtbar.
Eine Zumutung sind Doppelformen immer dann, wenn selbstverständlich ist, das Frauen mit gemeint sind. "Tausende Demonstranten und Demonstrantinnen zogen durch die Innenstadt, begleitet von hunderten Polizistinnen und Polizisten." Oder: "Die USA haben 340 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner." Wer glaubt, dass mit der Einwohnerzahl nur die Männer gemeint sind?
Das generische Maskulinum ist ein Bauprinzip der deutschen Sprache, auch die feministisische Linguistik kann es nicht zum Einsturz bringen.
Man kanns auch übertreiben: Goldschmiedende und Uhrmachende...
https://www.dorotheum.com/de/c/schaetzmeister-bzw-trainee-schaetzmeister-m/w/d-fuer-die-bewertung-von-schmuck-und-uhren-22736/
Ein gut gemeinter Versuch, der allerdings verdeutlicht, dass die eleganten Möglichkeiten der Sprache und deren Schönheit gerade durch ein solches selbst auferlegtes Korsett stark eingeschränkt werden. Die Erfindung des missverständlichen Terminus "generisches Maskulinum" für gemeinsame Pluralformen hat das Gendern erst befeuert. Passenderweise sollte man von einer "generischen Pluralform" sprechen. Dort, wo es sich um ein echtes generisches Maskulinum handelt, wie im Falle von "der Arzt", "der Leser" etc. kann man auf die generische Pluralform ausweichen und das Problem ist gelöst. Dass Wörter wie "Flüchtlinge" oder "Gäste" auf "Geflüchtete" oder "Gästinnen" abgeändert werden, macht die hinter dem Gendern stehende ideologische Ausrichtung ansichtig. Die vom öffentlichen Rundfunk ausgelöste Hysterisierung, die allerorten um sich greift, hat dazu geführt, dass von vielen leider jetzt…
Besten Dank!
Wenn sich das nur ein paar der "Sprachkünstler" hinter die Ohren schrieben. Zuletzt mehrmals im Ö1-Journal (sinngemäß): "Krankenpfleger und Ärztinnen" (oder umgekehrt). Eigentlich müßte man klagen wegen Falschberichterstattung.
NoPro
Besten Dank!
Wenn sich das nur ein paar der "Spürachkünstler" hinter dioe Ohren schrieben. ZUletzt mehrmals im Ö1-Jornal (sinngemäß): "Krankenpfleger und Ärztinnen" (oder umgekehrt). Eigentlich müßte man klagen wegen Falschberichterstattung.
NoPro