Darf ein Mann zu seiner Liebsten "Weibi" sagen?
- Robert Sedlaczek
- vor 8 Stunden
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"Stell dir vor: Der Hans sagt zu seiner Frau Weibi!" - "Na und? Ist doch liebevoll." - "Nein, ist ziemlich abwertend." - "Also ich würde das nie sagen, aber wenn es meine Frau gern hört, warum nicht?"- "Ich würde es sicher nicht gern hören!"
Die Diskussion schlingert hin und her - bis ich sie mit einem Versprechen beende: "Das Wort Weib hat eine lange und wechselvolle Geschichte; dasselbe gilt für Frau, Dame und Dirne. Das ist ein Thema für meinen nächsten Sprachblog, solltet ihr lesen!"
Die Bezeichnung Frau war ursprünglich dem Adel vorbehalten. In der mittelalterlichen Gesellschaft war "frouwa", später "Vrouwe" die Standesbezeichnung und Anrede für eine verheiratete Edeldame als Vorsteherin des Hauses.
Demgegenüber war "wip" das Normalwort als Geschlechtsbezeichnung. Erst im 18. Jahrhundert wird das Wort Weib von Frau verdrängt und abgewertet. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts tritt Frau auch an die Stelle von Madame, der klassischen Anrede für Bürgerfrauen.
Frauenzimmer war ursprünglich das Gemach der Herrscherin, der Aufenthaltsraum der Hofdamen; ab dem 16. Jahrhundert wurden auch die dortigen Frauen damit bezeichnet, dann die weibliche Dienerschaft, ab dem 17. Jahrhundert schließlich auch die Frau als Individuum, wobei die abwertende Verwendung erst im 20. Jahrhundert auftaucht.
Als "thiorna" bezeichnete man zunächst ein Mädchen, eine unverheiratete junge Frau; Gottes Dirne stand für die Jungfrau Maria, genauso ist mit unsere liebe Frau die Gottesmutter gemeint; später war "dierne" vor allem die Bauernmagd, eine einfache schlichte Person, eine niedere Dienerin im ländlich-bäuerlichen Bereich. Die Bedeutung "Mädchen aus niederen sozialen Verhältnissen" war Mitte des 15. Jahrhunderts Ausgangspunkt für die Bezeichnung einer "Sexarbeiterin".
Dame geht über altfranzösisch "dame" auf lateinisch "domina" zurück; zunächst war es ein Modewort der höfisch-galanten Dichtung, seit Mitte des 17. Jahrhunderts eine Benennung für Frauen des Adels; auf bürgerliche Frauen wird es erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts angewendet. Im religiösen Bereich ist Domina die Vorsteherin eines Nonnenklosters, im Sexgeschäft eine Sexarbeiterin, oft auch eine mit sadistischen Angeboten.
Beim Kosewort Weibi spielt die wechselhafte Bedeutungsentwicklung von Weib sicherlich eine Rolle. Heute verbinden wir das Wort oft mit einem negativen Attribut, zum Beispiel: "So ein böses Weib!" Andererseits schwingen manchmal positive sexuelle Eigenschaften mit, von einer vitalen, attraktiven Frau heißt es: "Sie ist ein Vollweib!"
Normalerweise führt eine Verkleinerungsendung dazu, dass das Positive stärker zum Ausdruck kommt: A sauberes Dirndl!
Weiberl sagen allerdings die Hundebesitzer über ihr Haustier, das Gegenwort ist Manderl.
Vielleicht wird Weibi von manchen auch deshalb abgelehnt, weil in diesem Fall die typische Endung der Kindersprache an das Wort angehängt wird. Auch in dieser Hinsicht ist Weibi problematisch.
Weil wir hier bei der political correctness sind: Müsste es da nicht eigentlich "Weibsteufelin" heißen und nicht "Weibsteufel"? Google liefert ganze 8 Treffer für "Weibsteufelin", dagegen über 14.000 Treffer für "Weibsteufel".
Das englische "wife" hängt auch mit "Weib" zusammen - mit wieder einer anderen Bedeutungsverengung. Wikipedia schreibt dazu: The word is of Germanic origin from the Proto-Germanic word wībam, which translates into "woman". In Middle English, it had the form wif, and in Old English wīf, "woman or wife". It is related to Modern German Weib (woman, female), Danish viv (wife, usually poetic), and Dutch wijf (woman, generally pejorative, cf. bitch). The original meaning of the phrase "wife" as simply "woman", unconnected with marriage or a husband/wife, is preserved in words such as…
Die G'schicht mit den Kosenamen erinnert mich an ein Kapitel aus dem Buch "Schluss mit Lustig" (Seite 38), wo eine Dame bereits nach kurzer Ehe zur Witwe wurde:
"Als der Bestattungsmitarbeiter die Schleife [an dem riesigen Kranz] richtete, damit der Schriftzug gut lesbar war, ging plötzlich ein leises, aber deutlich hörbares Raunen durch die Halle. Auf den beiden Schleifen in zartrosa stand links "Es war viel zu kurz" und rechts "Dein Spatzi"."