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Eine Ergänzung zum Thema "rückwärts = hinten" nebst einem amüsanten Beispiel

  • Autorenbild: Robert Sedlaczek
    Robert Sedlaczek
  • vor 12 Stunden
  • 2 Min. Lesezeit

Meine letzte Kolumne ist auf Widerspruch gestoßen. Zur Erinnerung: Mit Belegstellen von Grillparzer und Doderer habe ich darauf hingewiesen, dass Formulierungen wie "von/nach rückwärts" einmal hochsprachlich waren. Heute werden sie von manchen als Hausmeisterdeutsch angesehen. Diese Sprachempfindungen muss ich ernst nehmen, über Empfindungen lässt sich nicht streiten. Auch den Einwand, dass dieser Gebrauch systemwidrig sei, kann ich nicht widerlegen. 


Ein Leser wies auf das schöne Wort "rücklings" hin. Dieses sei schon in Luthers Bibelübersetzung belegt. (Ich erwähnte nur die derbe Mundartvariante arschlings.) 

 

Ein anderer meinte, das Österreichische Wörterbuch (ÖWB) habe sich inzwischen vom Saulus zum Pauus gewandelt. Dort, und zwar in der aktuellen, nämlich 44. Auflage, finde sich lediglich "rückwärts = nach hinten; mit der Rückseite voran" und nicht "von rückwärts = hinten". Das stimmt nicht ganz. In der Spalte daneben stehen in einem Kasten Beispiele, und eines lautet: "rckwärts einsteigen (veraltend für) hinten einsteigen."


Von einem Wörterbuch wird verlangt, dass es den gegenwärtigen Sprachgebrauch genau wiedergibt, es soll deskriptiv sein. Vom ÖWB, dem nationalen Wörterbuch, wird zusätzlich verlangt, dass es normativ die österreichischen Eigenheiten bevorzugt.

  

Im gegenständlichen Fall ist das nach meinem Gefühl nur so zu lösen: Man markiert "rückwärts einsteigen" nicht als "veraltend", sondern als "umgangssprachlich", und zwar mit dem Zusatz "auch süddeutsch". Nach meinem Gefühl ist die Formulierung heutzutage in der gesprochenen Sprache üblich, in der geschriebenen Sprache selten.


Wie gefährlich das Wort "hinten" sein kann, hat der deutsche Fußballspieler Stefan Kuntz in einem Interview nach einem gewonnenen Länderspiel leidvoll erfahren. Die Mannschaft spielte damals im System 3-5-2: Mit Jürgen Klinsmann und Stefan Kuntz als Stürmer, wobei Klinsmann die vorgerückte Spitze war. Im Mittelfeld räumte Matthias Sammer die Gegner ab und fütterte die zwei Stürmer ideal mit Pässen.


Um seine zwei Mitspieler zu loben, sagte Stefan Kuntz zu einem Journalisten: 


"Es war optimal, der Matthias von hinten und der Jürgen Klinsmann von vorne ..."


Da dämmert es ihm, dass die Aussage falsch verstanden werden könnte. Um dies zu vermeiden, ergänzt er:


"Also ich mein': Jetzt, auf dem Platz."


Weil er offensichtlich das Gefühl hatte, dass es damit nicht viel besser wurde, unternahm er einen letzten, verzweifelten Rettungsversuch:


"Und auch außerhalb."


 
 
 

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