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Fasching, Fastnacht, Karneval: Ist das nicht alles ident?

  • Autorenbild: Robert Sedlaczek
    Robert Sedlaczek
  • vor 2 Stunden
  • 2 Min. Lesezeit

Wer die Zeitungsberichte dieser Tage liest, könnte zu diesem Schluss kommen. Aber in Wirklichkeit muss man die im Titel gestellte Frage mit einem klaren Nein beantworten. Es gibt nicht nur regionale, sondern auch inhaltliche Unterschiede.


Beginnen wir beim Karneval. Die rheinischen Narren treffen am elften Elften um elf Uhr elf zusammen, um sich auf ihre Veranstaltungen im folgenden Jahr vorzubereiten. Elf gilt als Schnapszahl, als eine Zahl, die das Narrentum symbolisiert, die für Unordnung und närrisches Treiben steht. Im Mittelalter wurde Elf als Maß für das Übertreten von Normen angesehen. Sie ist eingeklemmt zwischen Zehn und Zwölf, die beide eine große Rolle in unserem Denken, Zählen und Rechnen spielen.


Der Fasching, im Westen Österreich die Fas(t)nacht, beginnt traditionell am ersten Tag nach den Heiligen Drei Königen. Mit Fasching sind eher Bälle und Tanzveranstaltungen gemeint, mit Fastnacht eher volkstümliche Bräuche. In Westösterreich, Südwestdeutschland und Teilen der Schweiz ist genau genommen der Tag vor Aschermittwoch gemeint, in der Nordwestschweiz der Tag nach Aschermittwoch. In Basel beginnt die Fasnacht am Montag nach Aschermittwoch um vier Uhr früh mit dem Zapfenstreich, die Narren sind dann bis Donnerstag in den Straßen unterwegs. 


Als Wiener hatte ich immer das Gefühl, der Fasching ist ein ostösterreichisches Phänomen. Dem ist nicht so. Fasching wird auch in Bayern, Baden-Württemberg und - Überraschung! - in Sachsen gefeiert.


Ein Gedanke spielt bei allen drei Begriffen eine Rolle: Vor der Fastenzeit noch einmal ausgelassen Feiern, Fressen und Saufen. Was den 11. November anlangt: Das war früher das Ende der Erntezeit und der Beginn einer vorweihnachtlichen Fastenzeit.


Die wortgeschichtliche Ableitung Karneval von carne vale, also Fleisch, lebe wohl, ist eine Volksetymologie. Wahrscheinliches Herkunftswort ist mittellateinisch de carne levare ieiunium, also Fasten durch Fleischwegnahme. Fasching geht auf mittelhochdeutsch vastganc mit der Bedeutung Faschingsprozession zurück und wurde später zu vachanc, vastschang, gemeint ist das Ausschenken des Fastentrunks, umgedeutet. Mittelhochdeutsch vastnaht war ursprünglich nur der Vorabend der Fastenzeit, später waren damit die vorhergehenden sechs Tage gemeint. In gleicher Weise wurde aus der Fasnacht die Fasnachtszeit.


Wenn man in Wiener Zeitungen liest, dass am 11. November um 11 Uhr und 11 Minuten der Fasching beginnt, so ist das verständlich - je länger die Narreteien erlaubt sind, die sich früher auch gegen die Herrschenden richteten, es herrschte "Narrenfreiheit", umso besser, - aber unhistorisch. Dann fiele Weihnachten in die Faschingszeit.


Sogar in Köln, Düsseldorf und Mainz ist man der Ansicht, dass der sogenannte "heiße" Karneval erst nach den Heiligen Drei Königen am 6. Januar beginnt und seinen Höhepunkt in den Tagen vor dem Aschermittwoch erreicht.


Wenn die Wiener Tanzschulbesitzer am 11. November in der Wiener Innenstadt zur Quadrille aufrufen, kann man dies nur so interpretieren: Jetzt wird noch ein letztes Mal getanzt - früher einmal durfte in der Zeit vor Weihnachten nicht getanzt werden.


 
 
 

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