"Ein vollständig neu erarbeitetes Amtliches Wörterverzeichnis mit daraus folgenden notwendigen Anpassungen des Amtlichen Regelwerks" hat der Rat für deutsche Rechtschreibung in seiner Sitzung am 15. Dezember in Mainz beschlossen. Basis war die empirische Schreibbeobachtung des Korpus am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache mit Wortbelegen aus dem gesamten deutschen Sprachraum. Mit anderen Worten: Es wird darauf geschaut, wie geschrieben wird, und wenn eine deutliche Mehrheit eine bestimmte Schreibung anwendet, wird sie zur Norm.
Wie aus einer Presseaussendung des Rates zu entnehmen ist, wurden zahlreiche neue Fremdwörter überwiegend aus dem Englischen aufgenommen: timen, mailen, whatsappen, Cappuccino, Fake News / Fakenews / Fake-News. Neue Tendenzen des Schreibwandels wurden durch die Aufnahme von Schreibvarianten und aktuellen Anwendungsbeispielen deutlich gemacht: faken, fakte, gefakt/gefaked, aber nur: gefakte Nachrichten
Spagetti mit Tunfisch wird es nicht mehr geben
Im Schreibgebrauch "nicht oder kaum noch nachweisbare eingedeutschte fremdsprachliche Varianten" wurden gestrichen: Buklee, Dränage, Exposee, Frigidär, Jogurt, Katode, Kurtage, Panter, photogen, Polonäse, Spagetti und Tunfisch.
Es gelten also nur noch die Schreibungen Bouclé, Drainage, Exposé, Frigidair, Joghurt, Kathode, Courtage, Panther, fotogen, Polonaise, Spaghetti und Thunfisch.
Dass der Rechtschreibrat in diesen Fällen einen Rückzieher macht, ist lobenswert. Er muss sich jedoch die Frage gefallen lassen, warum diese eingedeutschten Versionen überhaupt ins Wörterverzeichnis kamen. Angeblich waren sie in nennenswerte Zahl nachweisbar und kamen deshalb hinein - kaum waren sie drinnen, wurden sie "nicht mehr" oder nur noch "kaum" verwendet? In diesen Fällen ist also der Rechtschreibrat von einer deskriptiven Vorgangsweise abgerückt und wollte Sprachpolitik betreiben.
Der Regelteil wurde durch Anpassungen und Präzisierungen von Regeln "nur im unerlässlichen Maß" geändert, die der Rechtschreibnorm und dem aktuellen Schreibgebrauch Rechnung tragen – etwa von neuen Wörtern in Getrennt- und Zusammenschreibung, Schreibung mit Bindestrich sowie Groß- und Kleinschreibung: Last-minute-Angebot/Last-Minute-Angebot.
Im Kapitel Zeichensetzung wurde eine Regeländerung vorgenommen: Infinitivgruppen ("erweiterter Infinitiv") werden "verbindlich durch Komma abgetrennt". Welche Bereiche der bisher recht komplizierten Regel damit ausgehebelt werden, ist unklar.
Die Neufassungen und Änderungen werden nun den staatlichen Stellen der deutschsprachigen Staaten vorgelegt. Sie erhalten durch deren Beschluss Bindung für Schule und Verwaltung.
Leider wurde die neue Wortliste bisher nicht veröffentlicht; wie mit den Anglizismen neuerdings umgegangen werden soll, kann also noch nicht beurteilt werden; auch die neuen Regeln sind auf der Webseite des Rates nicht abrufbar. Eine Anfrage per Mail blieb unbeantwortet.
Rechtschreibrat lehnt Genderzeichen weiterhin ab
Dass die ablehnende Haltung des Rates zu den Genderzeichen – Stern, Doppelpunkt, Unterstrich – bestehen bleibt, war zu erwarten. Aus deutschen Teilnehmerkreisen sickerte der Text eines mehrheitlich beschlossenen Papiers durch: "Sonderzeichen innerhalb von Wörtern beeinträchtigen die Verständlichkeit, Lesbarkeit, die Vorlesbarkeit und die automatische Übersetzbarkeit". Auch die "Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten“ wären in Gefahr.
Auf diese ablehnende Haltung haben sich zwei deutsche und ein österreichisches Bundesland berufen und dem Gender-Stern einen Riegel vorgeschoben. Doppelformen werden aber weiterhin empfohlen.
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