Die neuen Trends in der Ernährung führen zu einer Vielfalt neuer Ausdrücke. Wer heutzutage Gäste einlädt, tut gut daran, vorher zu fragen, welche Essgewohnheiten die Eingeladenen haben.
Früher war es einfach: „Esst ihr eh alles?“ Meist war die Antwort: „Ja, alles.“ Und vielleicht im Nachsatz: „Mit einer Ausnahme: Innereien.“ Heute gehört das Essen zum persönlichen Livestyle, Menschen definieren sich über ihre Esskultur, über das, was sie essen und vor allem über das, was sie nicht essen. Divergieren die Essgewohnheiten der Gäste stark, kann eine Einladung ziemlich stressig werden. Hier eine kurze Übersicht, wer die folgenden Begriffe richtig deuten kann, ist ein Ernährungsexperte: Omnivore, Vegetarier, Veganer, Flexitarier, Flexiganer, Carnivore, Pescetarier, Frutarier und Paleolaner.
1. Wer sagt, ich bin ein Omnivore, ist ein Mischköstler oder Allesesser. Biologisch betrachtet ist der Mensch ein Omivore, sein Gebiss und seine Verdauungsorgane sind sowohl zum Verzehr von tierischer als auch pflanzlicher Nahrung geeignet. Das Wort ist eine Zusammensetzung von lat. omnis (= alle, alles) und vorare (= essen, verschlingen).
2. Vegetarier, von engl. vegetarian, engl. vegetable = Gemüse, zu lat. vegetabilis = belebend, sind Menschen, die nichts essen, wofür ein Tier gestorben ist. Sie zerfallen in drei Untergruppen: Ovo-Lacto-Vegetarier essen tierisch gewonnene Lebensmittel wie Eier (Ovo), Milchprodukte (Lacto) und Honig; Lacto-Vegetarier sind strikter und akzeptieren keine Eispeisen, hingegen sind Milch, Topfen, Joghurt und Butter erlaubt. Ovo-Vegetarier wiederum essen Ei, aber nichts aus Milch oder mit Milch – das ist auch die typische Ernährungsweise für Menschen mit Laktoseintoleranz (= Milchzuckerunverträglichkeit). Nach Schätzungen vertragen bei uns rund 15 Prozent der Menschen keinen Milchzucker.
3. Wer alles ablehnt, was nicht ausschließlich pflanzlich ist, wird als Veganer bezeichnet, vgl. engl. vegan, zu engl. vegetable. Oft wird das Wort auch als eine Verkürzung von veg-etari-an interpretiert. Das Credo lautet: Kein Fleisch, kein Fisch, keine Meerestiere, aber auch keine Milchprodukte, keine Eier, kein Honig und auch keine verarbeiteten tierischen Lebensmittel.
4. Flexitarier sind gemäßigte Vegetarier, sie essen prinzipiell alles, versuchen aber den Fleischkonsum möglichst gering zu halten, und wenn sie Fleisch essen, muss es qualitativ hochwertiges Bio-Fleisch sein, sie essen also hin und wieder ein Steak, obwohl das dem Klima nicht guttut. Manche sind auch offen für vegane Ersatzprodukte. Der Ausdruck setzt sich zusammen aus „flexibel“ und „Vegetarier“.
5. Flexiganer sind gemäßigte Veganer. Sie ernähren sich überwiegend vegan, essen aber hin und wieder auch tierische Produkte. Wie leicht zu erraten ist, setzt sich der Ausdruck aus „flexibel“ und „Veganer“ zusammen.
6. Carnivore sind das Gegenteil zu den Veganern, sie essen nur Fleisch. Auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte wird verzichtet, oft auch auf Milch und Eier. Das Wort besteht aus lat. carnis und vorare (= verschlingen, essen).
7. Pescetarier, von ital. pesce, lat. piscis, essen kein Fleisch von Wirbeltieren wie Rind, Schwein, Geflügel oder Wild, hingegen stehen Fische und Meeresfrüchte auf dem Speiseplan.
8. Frutarier, von engl. fruit, auch als Fructarier, Fruganer etc. bezeichnet, ernähren sich ausschließlich auf der Basis von Früchten. Sie streben eine Ernährung mit pflanzlichen Produkten an, die nicht die Beschädigung der Pflanze zur Folge haben: Obst, Nüsse, Samen. Manche essen nur Obst, das von selbst vom Baum gefallen ist, Äpfel, Birnen etc. werden also nicht gepflückt, man wartet auf Fallobst.
9. Paleolaner essen nur das, was auch die Menschen im Paläolithikum, in der Altsteinzeit verzehrt haben könnten: Wurzeln, Samen, Beeren, Nüsse, aber auch tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte und Eier – das meiste roh und unverarbeitet.
Die Liste ließe sich fortsetzen: um die Kohlehydrat-Verweigerer – Stichwort: Low-Carb-Ernährung – um die Anhänger von Makrobiotik, von Trennkost, von Ayurvedischer Ernährung usw.
Einige der weiter oben genannten Ernährungsweisen gelten als gesundheitsschädlich. Ich esse, was mir schmeckt, bin ein Omnivore, mit einer Tendenz zum Flexitarier; das Tierwohl ist mir ein Anliegen, auch eine nachhaltige Klimapolitik. Im Urlaub am Meer bin ich weitgehend Pescetarier. Frutarier und Paleolaner sind mir noch nicht begegnet. Die Segmentierung der Gesellschaft und das Kasteldenken missfällt mir.
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