Sprachliche Missverständnisse als Sachen zum Lachen
- Robert Sedlaczek
- 8. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Ich mag Witze, in denen es um eine gescheiterte Kommunikation geht. Hier ein Beispiel, es ist ein Missverständnis zwischen einem deutschen Touristen und einem österreichischen Dialektsprecher, und zwar in einer Alpenregion Österreichs, sagen wir in Tirol:
Wie heißt denn der Berg da drüben?
Wöchana?
Oh, vielen Dank!
Es geht auch bösartig, in diesem Fall entpuppt sich der Tourist als Berliner:
Jibst da Jemsen?
Wos host gsogt?
Ops da Jemsen jibt.
Bis heit hob i no kane g'se'gn, oba wann's wöche gibt, habtsas ihr ei'gschleppt.
Oder der Dialog zwischen einem deutschen Touristen und einem Wiener Dienstmann, seinerzeit blendend interpretiert von Hans Moser:
Der Koffer is oba schwea. Wia nemman denn?
Mensch! Ich verstehe Sie nicht!
Wia nemmen mia ihn denn?
Wie bitte?
Es is a Unglick, wann ana ned deitsch vasteht.
Oft handelt es sich um Missverständnisse, die auf Unterschiede zwischen Dialekt und Hochsprache zurückgehen. In diesem Fall fragt das Kind die Mutter:
Was kräult denn da?
Das heißt kriecht!
Und was macht das Kriecht?
Oder Missverständnisse zwischen einem Türken und einem Einheimischen:
Bitte, wo ist Weg nach Kika?
Zu Kika! Zu! Zu!
Dann ich gehen morgen Kika.
Die Grenze zwischen Witz und Anekdote ist oft fließend. Eine liebe Bekannte erzählte mir vor kurzem, was sie erlebt hat:
Es läutet jemand unten am Haustor, ich drücke auf den Knopf der Gegensprechanlage und höre:
Gute Tag, Deppate!
Was bilden Sie sich ein?
Deppate!
Verschwinden Sie!
Nein! Nein! DePeDe!
Die Österreicher unterscheiden sich von den Deutschen aber auch in der Hochsprache, also auf der höchsten Sprachebene, das ist jene Ausdrucksweise, der sich beispielsweise Rundfunksprecher bedienen. Das österreichische Deutsch hat nicht nur einen anderen Klang als das deutsche Deutsch, sondern auch einen etwas anderen Wortschatz: Wir sitzen im Fauiteuil und nicht im Lehnstuhl, schieben das Hendl ins Backrohr und nicht das Hähnchen in den Backofen, sagen heuer, während man in Deutschland nur dieses Jahr kennt - und wir wissen, dass die Palatschinke nichts mit Schinken zu tun hat.
Neulich bekomme ich eine Mail-Nachricht von einem Tiroler, den es nach Regensburg verschlagen hat. Er stolperte in der dortigen Staatsbibliothek über mein vor zwei Jahrzehnten erschienenes Buch "Österreichisches Deutsch. Wie wir uns von unserem großen Nachbarn unterscheiden." Es ist vergriffen, nur noch in Bibliotheken und Antiquariaten erhältlich. Luca Chizzali schreibt:
Ich habe schon die Einleitung Ihres Buches mit großem Vergnügen gelesen und mich sehr verstanden gefühlt. Als junger Tiroler, der zum großen Nachbarn gezogen ist, um Schauspiel zu studieren, und inzwischen eine Partnerin aus Mitteldeutschland hat, ist man tagtäglich mit den sprachlichen Unterschieden konfrontiert, vor allem wenn man das deutsche Deutsch für seinen zukünftigen Beruf zur Perfektion beherrschen sollte."
Dann erzählt er seine Geschichte:
Es gab ein Missverständnis zwischen mir und meiner Partnerin zu Beginn unserer Beziehung. Damals wohnten wir noch getrennt und hatten vereinbart, an diesem Abend bei mir Tiefkühlpizza zu essen. Beim vorzeitigen Abschied von ihrer Wohnung sagte ich zu ihr: "Ich geh schon einmal das Rohr vorwärmen." Sie war im ersten Moment ziemlich schockiert.
Da soll noch einmal jemand sagen, es gibt kein spezifisches österreichische Deutsch ...
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Zum Weiterlesen: Robert Sedlaczek: Sprachwitze. Die Formen. Die Techniken. Die jüdischen Wurzeln. Mit mehr als 500 Beispielen, Haymon, Innsbruck 2020.
Ein sehr vernügsamer Eintrag an einem wolkenverhangenen Vancouver Morgen. Vielen Dank, lieber Herr Kollege! Ein Klassiker ist auch "angreifen". Sie werden ihn kennen: "Darf ich Ihren Ärmel angreifen?" -- Verstanden im Sinne von "attackieren".